Evangelische Kirche Peter und Paul
Die evangelische Kirche Peter und Paul ist ein wertvolles Schmuckstück des Dorfes. Es ist einerseits das ehrwürdige Alter, das die Kirche so bedeutsam macht, denn schon beim Hunneneinfall 926 nach Christus ist "Holtzheim" als Mittelpunkt eines Meierhofes und die Kirche zum ersten Mal namentlich in den Überlieferungen der Benediktinerabtei Weißenburg im Unterelsass erwähnt. Sie wird ihre Entstehung nicht nur ihren Patronen Peter und Paul, sondern auch selbst dem Kloster Weißenburg zu verdanken haben, die das Weißenburger Patrozinium hierher gebracht haben dürften. Die meisten diesen Aposteln geweihten Gotteshäuser gehen auf die Zeit um die Mittel des 8. Jahrhunderts zurück, als der glaubenseifrige Bonifatius bestrebt war, die von Irland, seiner Heimat, und von Westfrankreich her in germanischen Landen schon zuvor gegründeten Kirchen und Bistümer enger an Rom, dem Sitz des Papsttums, zu binden, wo die beiden Apostel von alters her sich einer besonderen Verehrung zu erfreuen wussten. Von dem mittelalterlichen Kern dieser ersten Kirche ist wohl nur noch wenig übrig. Einzig der Quadratische Unterbau des Turms als auch Teile des halbrunden Unterbaus des Chorraums rühren noch aus dieser ältesten Bauzeit her.
Es kommt andererseits eine höchst interessante Entdeckung der letzten Jahre hinzu, die der Kirche eine zusätzlich schillernde Bedeutsamkeit verleiht. Die Gutenzeller Äbtissin Maria Bernharda von Donnersberg ließ 1739 durch den Gutenzeller Maurermeister Nikolaus Rüeff, der mit Dominikus Zimmermann (1685 - 1766), einem der bedeutendsten süddeutschen Baumeister des Barocks und Rokoko (Dorfkiche Steinhausen und Wallfahrtskirche Wies) zusammenarbeitete, den alten Westturm neu erbauen. Ludwig Pöllmann wies anlässlich des Umbaus der Gutenzeller Kirche (1755/56) darauf hin. Nun treffen einige historische Gegebenheiten zusammen, die die Bauberatung Zimmermanns am Oberholzheimer Projekt sehr wahrscheinlich machen. Aus einem Schreiben des Biberacher Spitals vom 3. April 1739 geht hervor, dass Nikolaus Rüeff mit diesem Bau "ein Contra-Projekt durch Herrn Zimmermann Baumeister von Landsberg entgegenzusetzen gedachte" und man mit dem Bau nicht eher begann, bevor der "Landsberger Werckmeister" da war.
Es ist auch unbestritten, dass er am 24. Juni 1739 in Gutenzell weilte, wo seine Tochter, die spätere Äbtissin M. Alexandra, die Profess ablegte. Die Wohlgestalt des Raumleibes der Oberholzheimer Kirche ist auf maßstäbliche Verhältnisse zurückzuführen, auf die Zimmermann Einfluss genommen haben dürfte. Der Kirchturm, den 1774 Maurermeister Thaddäus Rüeff aus Gutenzell mit einer putzigen barocken Kuppel versah, die dem Helm eines preußischen Grenadiers sehr ähnlich ist, hält treue Wacht über dem Dorf und man vermag Oberschwaben vom Bussen bis zum Ulmer Münster, über Rot- und Donautal bis zum Hochsträss hinüber im Norden und an hellen Tagen bis zu den Firnen der Alpen im Süden zu überschauen. Aus einer Beschreibung vom Ende des 17. Jahrhunderts erfahren wir auch etwas sehr Bedeutsames über das Innere der Kirche: "...in wendig im Kirchlein ist Eß allend halben so licht und hel mit Einer schönen mit grienem Thuch geschlagenen Cantzel ...".
Der evangelische "Hochaltar", wie ihn die Ulmer Landkirchen haben, geht in der jetzigen Gestalt auf das Jahr 1874 zurück, als Ludwig Werkmann eine Innenerneuerung vornahm, wobei aus älterer Zeit lediglich das vielleicht Carl Franz Stauder zuzuerkennende Noli-metangere-Gemälde von 1683 erhalten blieb. Auch die schmiedeeisernen Wandarmleuchter, die neugotische Kanzel und der Taufstein stammen wohl aus diesem Jahr. Bei der Innenrenovation 1953/54 erhielten die Decken Gemälde Gottfried von Stockhausens: im Kirchenschiff das Kreuz als Lebensbaum mit Schlange und Krone sowie in den Kreuzwinkeln die Evangelistensymbole - Engel/Matthäus, Löwe/Markus, Stier/Lukas, Adler/Johannes - und im Chor das erhöhte Lamm. Als 1976 der Kirchturm mit Bänderornamentik ins Original zurückversetzt wurde, arbeitete man schon auf die Außen- und Innenrestauration/renovation der Kirche hin. Im Innern wollte man sich dabei am Original des "lichten und hellen Kirchleins" anlehnen. Die Arbeiten wurden 1986/87 ausgeführt, wo das "Original" trotz mancher technischen Eingriffe an die Anforderungen unserer Zeit angestrebt wurde. In Oberholzheim ist man sehr stolz auf den Vordenker der Klassik und Wegbereiter von Goethe und Schiller, den Dichter Christoph Martin Wieland, der hier am 5. September 1733 als Sohn des von 1729 bis 1736 hier wirkenden Pfarrers Thomas Adam Wieland im Pfarrhaus geboren wurde.
Zehntscheuer
Wohl um 1498 erbaute der Zehntherr, die Zisterzienserinnen - Reichsabtei Gutenzell, die Oberholzheimer Zentscheuer. Beim Umbau in den Zeiten 1767/68 wurde die westliche Seite der Zehntscheuer mit dem abgewalmten Dach angebaut.
Die Ortsherrschaft war im Mittelalter zwischen dem Kloster Gutenzell und Ulmer Stadtbürgern geteilt. Letztere äußerten 1439 ihre Rechte an das Biberacher Spital, das hier auch noch später Besitz erwarb. 1467 sind das Kloster und das Spital als Ortsherren bezeugt (vor 1803: Spital 2/3, Kloster 1/3). Der spitälische Anteil ging 1803 (infolge der Säkularisation) an Baden, 1806 an Württemberg über. Die Rechte des Klosters kamen 1803 an die Grafen von Törring, 1806 unter württembergische Staatshoheit.
Da die Zentscheuer gutenzellisch war, ist anzunehmen, dass sie in den Besitz der Grafen von Törring kam. 1848 wurde der Zehnten (Naturalabgabe der Bauern) abgelöst. Es war üblich, dass nach dieser Ablösung die Güter verkauft wurden. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.
Geburtsort von Christoph Martin Wieland
Aus dem evangelischen Pfarrhaus Oberholzheim ist der berühmteste Sohn der Gemeinde hervorgegangen, einer der großen Sprachschöpfer Deutschlands und der bedeutendste Dichter den Oberschwaben überhaupt hervorgebracht hat:
Christoph Martin Wieland
(1733 - 1813)
Schon sein Großvater, Thomas Adam Wieland der Ältere, Spross einer alten Biberacher Bürgerfamilie und Sohn des Regierenden Bürgermeisters der Freien Reichsstadt evangelischen Anteils (seit der Einführung der berühmten Parität im Jahre 1648 stelle jede Konfession ihren eigenen Bürgermeister) hatte 1693 die Pfarrei Oberholzheim angetreten und diese bis kurz vor seinem Tode im Jahre 1729 beibehalten. Dieses Amt übte daraufhin dessen gleichnamiger Sohn aus, dem am 5. September 1733 hier der berühmte Sohn geboren wurde. Als Christoph Martin noch nicht ganz 3 Jahre alt war, ging sein Vater nach Biberach zurück, zunächst als Siechenprediger bei Sankt Maria Magdalena wirkend, später - die Rangordnung der Biberacher Geistlichen durchlaufend - als Frühprediger und als Senior bei Sankt Martin. Obwohl Christoph Martin Wieland also nur sehr kurze Zeit im Pfarrhaus zu Oberholzheim verbrachte, darf aus verschiedenen schriftlichen Nachlässen des Dichters entnommen werden, dass er sich seines Geburtsortes bewusst war und gerne entsann.
Oberholzheim im Werk des Dichters
Da ist die heute noch an derselben Stelle anzutreffende Löwenzahnwiese, von der Wieland später zu erzählen weiß:
"Mein Vater wurde durch ein hitziges Fieber ein Vierteljahr außer Stand gesetzt, sein Amt zu versehen; da erinnere ich mich noch, wie der sein Amt indeß vertretende Vicar mich im Käppchen auf die Wiese geführt hat und in den gelben Blumen spielen ließ, wie ich diese Blumen pflückte ...".
Doch auch aus dem folgenden Gedicht lassen sich die allerersten Erinnerungen und tiefsten Empfindungen, die diese Zeit des Kindseins und Menschwerdens bei ihm hinterlassen hatte, entnehmen:
"Du kleiner Ort, wo ich das erste Licht gesogen,
Den ersten Schmerz, die erste Lust empfand,
Sei immerhin unscheinbar, unbekannt.
Mein Herz bleibt ewig doch vor allen Dir gewogen,
Fühlt überall nach Dir sich heimlich hingezogen,
Fühlt selbst im Paradies sich noch aus Dir verbannt.
O möchte wenigstens mich nicht die Ahnung trügen,
Bei meinen Vätern einst in Deinem Schoß zu liegen."
Wieland hatte sich schon in seiner Jugend während seiner juristischen Studien durch seine Dichtungen einen Namen gemacht, war zunächst "Kanzleidirektor" in Biberach geworden, dann Professor an der Universität Erfurt und schließlich Prinzenerzieher am Hof zu Weimar. Als vollends von seinem einstigen Zögling, dem jungen Herzog Karl August von Sachsen-Weimer, auch noch Goethe, Schiller und Herder an seinen Hof berufen wurden, entwickelte sich aus diesem der kulturelle Mittelpunkt ganz Deutschlands, und Wieland war einer der hellsten Sterne am strahlenden Himmel klassischer Dichtung. Sein glänzender Stil hat viel dazu beigetragen, die Vorherrschaft der französischen Sprache bei unseren Gebildeten zurückzudrängen, denn seine poetischen Werke wurden überall von ihnen gelesen und bewundert. Seine wohl glücklichsten Jahre im reifen Alter verbrachte er wieder auf dem Lande, auf seinem Gut in Oßmannstedt bei Weimar, worin man oft die Neigungen des Großvaters, der sich am wohlsten in seiner ländlichen Pfarrei Oberholzheim gefühlt hatte, in ihm angelegt sah und zu erkennen glaubte.
Oberholzheim war sich stets der Größe des hier geborenen Geistes bewusst. So erinnerte man sich hier im Jahre 1913 seines 100. Todestages. Es fand hier ebenso wie am 5. September 1933, als man des 200. Geburtstages gedachte, vor dem Pfarrhaus eine Feier statt, die durch Enthüllung je einer Gedenktafel an dem Gebäude eine besondere Note erhielt. Die Würdigung des großen Dichters Christoph Martin Wieland erfolgte nicht zuletzt durch die Namensgebung für die Mehrzweckhalle Oberholzheim. Sie trägt mit ihrem Namen "Wielandhalle" die Verknüpfungen Oberholzheims mit dem Dichter in die Welt hinaus. Im Pfarrhof findet sich zudem eine "Wielandlinde" und der wiederaufgebaute Pfarrbrunnen ("Wielandbrunnen"). Möge über die Tage hinaus das Vermächtnis des Freidenkers Wieland im Bewusstsein der Menschen erhalten bleiben.